Angeschaut: Belladonna
Point-and-Click Adventure Games galten lange als tote Kunstform. Auch wenn das nicht ganz stimmt, war das Genre lange Zeit aus dem Rampenlicht verschwunden und wurde nur von wenigen Spieleschmieden in Angriff genommen. In jüngster Zeit finden sich vermehrt Adventure-Games in Bestseller-Listen, allerdings meist in etwas veränderter Form. Das klassische Point-and-Click Gameplay und die teils schleierhaften Puzzles sind heute weitestgehend durch moralische Entscheidungen und einen Fokus auf Charakterentwicklung abgelöst worden. Das bedeutet allerdings nicht, dass diese ursprüngliche Form gänzlich das Zeitliche gesegnet hat.
Es lebt!
Ebenso wenig hat unsere Hauptfigur das Reich der Lebenden verlassen. Wir beginnen unser Abenteuer auf einer Bahre in einem Labor. Schnell wird offensichtlich, dass Mary Shelley’s Frankenstein die zentrale Inspirationsquelle für Belladonna ist. Das Labor befindet sich im Verliess eines Schlosses, bewohnt von Doktor Wolfram von Trauerschloss. Der Doktor beschäftigt sich dementsprechend mit der Reanimation von Körpern dahingeschiedener Lebewesen, unter anderem auch Menschen.
Davon ist allerdings wenig direkt im Spiel zu beobachten. Unser Abenteuer ist eher eine Investigation vorhergehender Ereignisse, als durch unsere Aktionen angetriebene Geschichte. Wir erkunden das Schloss und sammeln diverse Objekte, um damit Puzzles zu lösen. Dabei stossen wir auf eine Handvoll Tagebucheinträge, welche von verschiedenen Charakteren verfasst wurden und uns als Erläuterung der Geschehnisse dienen.
Damit sind wir bei einem zentralen Problem angelangt. Neuzeitliche Adventure-Games leben davon, uns interaktive Geschichten zu präsentieren, in welche wir direkt in die Geschehnisse involviert sind. Belladonna steht dazu in starkem Kontrast und erinnert dabei eher an die Erzählungen von H.P. Lovecraft. Keine schlechte Inspirationsquelle, allerdings fehlt es der Geschichte an klaren Zielen, welche diese Investigation interessant erscheinen lassen würde. Zumal die Tagebucheinträge viele Enthüllungen vorhersehbar machen. Ausserdem bleibt festzuhalten, dass die Geschehnisse nicht denselben Effekt haben, wie die Geschichten die sie inspirierten. Zu viele Aussagen unserer Protagonistin sind humoröser Natur, um uns das Grauen zu lehren.
Katze tot – Details später
Generell ist der Schreibstil eher unspektakulär. Gerade für Adventure-Games, die mehr als fast jedes andere Genre von ihren Geschichten leben, stellt dies ein Problem dar. Viele Aussagen und Kommentare unserer Protagonistin klingen forciert und ungewollt komisch oder grenzen an Sarkasmus. Wenn ich in einem angeblich von Horror inspirierten Abenteuer ein Bücherregal untersuche, erwarte ich nicht dass mein Charakter über numerische Unendlichkeit philosophiert. Weder das Regal, noch die Aussage haben einen Bezug zur eigentlichen Geschichte. Es ist klar, dass der Autor der Geschichte den berühmten LucasArts-Games nacheifert, in welchen praktisch jede Interaktion mit Objekten oder anderen Charakteren in einer amüsanten Aussage endet. Allerdings führt dies zu einer gewissen Dissonanz zwischen den Aussagen unserer Protagonistin und der Welt in welcher wir uns befinden.
Kein Element der Geschichte ist humoristischer Natur. Es geht um Trauer, um persönliche Verluste, zwischenmenschliche Beziehungen, Eifersucht und Wahnsinn. Dazu passt Humor ohne Bezug zu diesen Thematiken einfach nicht. Ausserdem sind die Thematiken zu ernst für den relativ simplen Schreibstil, der uns hier präsentiert wird.
Riddle me this, Batman
Nebst diesen Unzulänglichkeiten überzeugen die Puzzles leider auch nicht wirklich. Wenn ich richtig mitgezählt habe, gibt es nur etwa 4-5 Puzzles zu lösen, welche allesamt sehr offensichtliche Lösungen haben und meist mit nur wenigen Objekten überwunden werden können. Inventarspielereien begrenzen sich auf das Nötigste; wir können zwei Gegenstände miteinander kombinieren, um Puzzles zu lösen. Allerdings sind diese Kombinationen meist von selbstredender Natur. Wenn dies nicht schon genug wäre, machen die Aussagen unserer Protagonistin die Lösungen nur noch offensichtlicher. Nie wird von uns verlangt, wirklich kreativ zu werden.
Der einzige Aspekt der mir positiv an Belladonna aufgefallen ist, ist die visuelle Präsentation. Wir finden uns in einer liebevoll gestalteten, mit Details gespickten Umgebung wider und generell vermag das Spiel durchaus einen Hauch an Atmosphäre aufzubauen, die Musik unterstreicht dies ebenfalls. Leider wird diese Atmosphäre von den bereits genannten Problemen grösstenteils zunichte gemacht.
Manchen von euch wird vielleicht die geringe Menge an Rätseln aufgefallen sein und vielleicht fragt ihr euch, wie lange wir denn in Belladonna’s Welt verweilen dürfen. Leider beläuft sich die Spielzeit nur auf knappe anderthalb Stunden. Soweit mir aufgefallen ist, gibt es keine versteckten Elemente, die zu mehr führen würde und da es sich hierbei um eine komplett lineare Affäre handelt, bietet das Spiel auch keinerlei Anreiz, mehrfach erlebt zu werden.
Fazit
Somit bleibt am Ende festzuhalten, dass Belladonna, nebst den eindrücklichen Bildern und der angenehmen Musik, leider nicht den zentralen Charme populärer Point-and-Click Adventures einzufangen vermag. Die Geschichte hätte zwar Potenzial gehabt, wenn vermehrt auf die polarisierenderen Elemente eingegangen wäre, aber in diesem Zustand ist man besser bedient, wenn man stattdessen die Universal-Version von Frankenstein schaut. Oder wer lieber etwas Humor in seinem Horror möchte, dem sei Re-Animator ans Herz gelegt, denn im Endeffekt sind wir in Belladonna ähnlich passiv wie die Zuschauer eines Films.
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