Angeschaut: Hot Tin Roof
Es war ein grauer regnerischer Tag. Ich sass in meinem Büro und genoss ein Glas rauchiges Gold. Hatte ja sonst nichts zu tun. Mein Rechner schnaubte auf, machte sich mit einer kurz aufflackernden Meldung bemerkbar. Die E-Mail, die über meinen Schirm flimmerte, schien unscheinbar. Ein neuer Key für eine neue Kritik. An sich nichts Ungewöhnliches für einen Schreiberling; doch nach ein wenig Recherche wurde mir bewusst, dass es sich hier um ein Noir-inspiriertes Spiel handelte. Damit ging die ungeschriebene Pflicht einher, die Kritik stereotypisch mit einer Noir-Persiflage einleiten zu müssen.
Hommage trifft auf Parodie
Auch wenn der geneigte Leser vielleicht den Titel mit dem Theaterstück Cat on a Hot Tin Roof in Verbindung setzen kann, hat das Spiel ausserhalb des Titels damit eigentlich gar nichts zu tun. Hot Tin Roof erzählt die Geschichte von Emma Jones, einer Detektivin und ihrer vierbeinigen Begleiterin Franky, die eine Reihe von Fällen in der Stadt Hot Tin Roof lösen müssen. Wie es sich für solche Geschichten gehört, spielt sich das Ganze in einer in ewige Nacht gehüllten Stadt ab. Die Rekreation wäre unvollkommen, wenn die Szenerie nicht auch durch etwas Jazz musikalisch unterlegt würde. Wobei sich hier klar Videospiel-Einflüsse eingeschlichen haben. Das verstohlene Saxophon und der bedrückende Kontrabass werden öfters von Chiptune-Melodien begleitet. So ist das Spiel denn nicht vollends eine Nachahmung klassischer Film Noir-Elemente, sondern auch darauf bedacht diese oft imitierten Komponenten mit etwas selbstironischem Humor auf die Schippe zu nehmen.
Wie es sich für eine gute Detektivgeschichte gehört, gibt es selbstverständlich auch einen Fall zu knacken. Im Verlaufe des Spiels macht der Spieler genau das. Er trifft eine grosse Bandbreite an Persönlichkeiten, nicht wenige davon Katzen oder Ratten, die ihm zum Teil behilflich sein können oder einfach nur durch mehr oder minder humoristische Dialoge die Atmosphäre etwas auflockern. Dabei sind die Einflüsse älterer Adventure Games nicht von der Hand zu weisen, die frechsten Dialog-Optionen haben meist die amüsantesten Antworten zur Folge. Ausserdem gilt es Hinweise zu sammeln und diese zum rechten Zeitpunkt hervorzubringen. Von daher fühlt man sich entfernt an L.A. Noire erinnert, wobei die Dialogmechanik in Hot Tin Roof jener kaum das Wasser reichen kann.
Backtracking für Fortgeschrittene
So sehr beim Aufbau der Welt darauf geachtet wurde, eine ausgewogene Mischung zwischen ernster Hommage und kritischer Parodie zu präsentieren, ist unterm Strich das Gameplay wichtig. Genau hier liegen bei Hot Tin Roof die grössten Defizite vor. Das Spiel präsentiert sich primär als Metroidvania-inspirierter Platformer, sprich man wird öfters am selben Ort vorbeischauen um zu sehen, ob eine neue Fähigkeit einem weiterhilft ein bestimmtes Problem zu lösen, welches zuvor unüberwindbar erschien.
Dieser an sich lobenswerten Erkundschaftung steht allerdings das Problem im Wege, dass sich der Spieler konstant selber an das Layout der Level erinnern muss, weil das Spiel seltsamerweise über keine Karte verfügt. Dies wäre in einem 2D-Spiel durchaus entschuldbar, allerdings wechselt Hot Tin Roof des Öfteren die Perspektive. Obwohl das Gameplay strikt zweidimensional gehalten ist, lässt sich die Welt in alle Himmelsrichtungen erforschen. Mit der fehlenden Karte einher geht auch ein gezielter Mangel an Regie an den Spieler. Klare Ziele sind selten ausformuliert und wenn doch einmal eine simple Aufgabe übertragen wird, hält das Spiel diese zum Teil nicht schriftlich fest.
Von Revolverhelden und Katzen
Ein Hilfsmittel lässt sich bei der Traverse der Level durchaus nutzen, namentlich Emmas Revolver. Dieser lässt sich mit einer Vielzahl verschiedener Munitionstypen beladen und ermöglicht dem Spieler unter anderem gewisse Elemente der Level mit einem Schuss zu zerstören. Er eignet sich mit der passenden Munition auch dafür, die Level erfolgreich zu durchqueren; da er einerseits versteckte Gegenstände sichtbar machen kann, sich zu einem Enterhaken umfunktionieren lässt und auch noch ein paar weitere Funktionen im Spielverlauf offenbart.
Was diese an sich sehr interessante Idee schnell mühselig erscheinen lässt ist die Tatsache, dass der Revolver konstant nachgeladen werden muss. Auch wenn der Spieler hierbei durch eine Schnellnachladung ein wenig Unterstützung erhält, muss beim Wechseln des Munitionstyps jede einzelne Patrone durch eine anderen ersetzt werden. Da viele Sektionen des Spiels konstant alle Munitionstypen benötigen, verbringt der Spieler einen beachtlichen Teil seiner Zeit damit, seinen Revolver nach- beziehungsweise umzuladen. Hier hätte sich, durch clevereres Button-Layout auf dem Controller oder durch Nutzung mehrerer Tasten der Tastatur, der Spielfluss besser erhalten lassen können.
Man mag ja von der Ästhetik des Spiels halten was man will, ich persönlich finde den minimalistischen Stil sehr charmant und grundsätzlich ist die Texturarbeit auf einem einheitlichen Niveau, sodass alle Elemente zueinander passen und nichts aus dem Rahmen fällt. Allerdings hätte ich nicht erwartet, dass der gewählte Stil Probleme bereitet eine konstante Framerate aufrecht zu erhalten und zeitweise ohne erkennbaren Grund unter 30 Bilder pro Sekunde fällt.
Fazit
Summa summarum verfügt Hot Tin Roof: The Cat That Wore A Fedora zwar über eine durchaus hohe Zielsetzung als Noir-inspiriertes Metroidvania mit einem ausdrücklich humoristischen Fokus, deren Erfüllung allerdings an jeder Ecke vom wenig überzeugenden Gameplay zurückgehalten wird. Darüber hinaus zieht sich das Spiel aufgrund des Mangels an Kartenmaterial sowie durch die umständliche Nachlademechanik unnötig in die Länge.
Hot Tin Roof: The Cat That Wore A Fedora ist erhältlich auf Steam, sowie ohne DRM auf GOG.
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