Angeschaut: The Stanley Parable
Ich mache es kurz: Kauft The Stanley Parable und lest nicht weiter! Je weniger ihr wisst, desto besser wird die Erfahrung. Für alle Skeptiker werde ich mit möglichst wenigen Spoilern erklären, woher der Hype kommt und warum ihr dieses Mal daran glauben dürft.
Folge der Stimme
Das Spielprinzip zu erörtern, ist nicht einfach. Grundsätzlich reden wir hierbei von einem First-Person-Erkundungsspiel. Der Protagonist, Stanley, sitzt seit Jahren tagein, tagaus an seinem Platz in seinem grauen Büroraum. Sein Job ist es, sisyphusmässig auf eine Tastatur einzutippen -Immer wieder. Eines Morgens aber, ist alles anders: Seine Arbeitskollegen sind plötzlich verschwunden. Da macht er sich auf – stets geleitet von einer Erzählstimme – um herauszufinden, was passiert ist.
Die Ironie dabei ist, dass Stanley nun endlich seinem Alltag entflohen ist, jedoch trotzdem von einem Erzähler überwacht wird. Dieser, brillant gesprochen von Kevan Brightly, erzählt uns, was Stanley als nächstes tun wird. Aber müssen wir das überhaupt? Darf oder soll man überhaupt davon abweichen? Müssen wir am Ende des Gangs rechts abbiegen, nur weil eine unsichtbare Stimme uns das sagt?
Der eigene Weg
Beim Verlassen dieser sicheren Story-Pfade gelangen wir in einen Vortex von Unwahrscheinlichkeiten, der uns beinahe um den Verstand bringt. Die Verläufe haben viele Abzweigungen und jede erzählt eine andere Geschichte. Die Anker der Realität lösen sich und nun ist alles möglich. Zum Beispiel kann man sich im Spiel so verlaufen, dass der Erzähler das Spiel neu starten oder sogar im Drehbuch nachsehen muss. Man kann sogar an den Punkt gelangen, an dem man vier Stunden lang per Knopfdruck ein Baby retten muss. Ich bin nicht wahnsinnig geworden, das passiert wirklich.
Fazit
Meiner Meinung nach ist The Stanley Parable als Kunstobjekt zu betrachten. Es hat so viele Ansätze und verschiedene Facetten, dass man jeweils stundenlang darüber debattieren könnte. Ein solch relativ kleines Projekt zeigt uns auf, was das Medium Spiele leisten kann, wenn man den Mut hat, Barrieren zu sprengen. Ohne Kampfeinlagen werden wir konfrontiert mit der Paranoia der Verantwortung, dem Überwachungsstaat, dem Druck der Selbstverwirklichung oder den Wirren der Depression. Das klingt nach viel und ist es auch. Deshalb lasst euch ruhig Zeit, denn dieses Spiel wird uns lange erhalten bleiben. Und wenn es wirklich nicht geht, macht es wie Stanley beim einfachsten Ende: Bleibt im Zimmer und verschliesst die Türe.
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