Angeschaut: Titan Souls
Bosskämpe sind omnipräsent in Videospielen und stellen jeweils eine besondere Herausforderung dar. Das Bezwingen dieser besonders fiesen Schergen lässt unser Gehirn Unmengen an Dopamin ausschütten.Einzelne Reihen haben sich durch ihre knallharten Bosse sogar einen eigenen Ruf aufgebaut.
Titan Souls zieht daraus seine Inspiration, schmeisst kurzerhand alles Überfällige weg und reduziert das Gameplay auf reine Bosskämpfe. Doch kann dieser Ansatz ein komplettes Spiel tragen?
Du oder Ich
Ein Pfeil, ein Leben – mehr hat der Protagonist nicht. Kein Inventar, keine speziellen Fähigkeiten, kein Aufleveln. Der einzige Weg stärker zu werden, ist die eigenen Fähigkeiten zu verbessern. Selbst die Steuerung transferiert jenen Minimalismus, indem nur zwei Knöpfe und ein Analog-Stick zum Agieren des Charakters gebraucht werden.
Ein Treffer reicht aus, um den eigenen Charakter ins Gras beissen zu lassen. Fairerweise sind die Speicherpunkte meist nur wenige Sekunden von den Bossräumen entfernt und die Bosse sind nur vermeintlich stärker: Ein gezielter Schuss in ihre empfindliche Zone und ihre geschundene Seele wird erlöst.
Einsamkeit
Nach den anfänglichen vier Bossen öffnet sich die Pforte zur kompletten Spielwelt, welche mehrere thematisch unterschiedliche Gebiete enthält. Dem Spieler steht es frei, die Welt zu erkunden und die Bosse in beliebiger Reihenfolge anzugehen. Die Wege zwischen den Bossräumen sind dabei gerade so lang, dass sie dank der passenden musikalischen Untermalung eine erholsame Abwechslung zur konstanten Action darstellen und zugleich nicht ausufern.
Andere Personen lassen sich nirgends erblicken und allgemein hinterlässt die Landschaft einen verlassenen Eindruck. Zwei, drei kleine Rätsel lockern das Erkunden auf, aber die Gebiete enden oftmals in Sackgassen und sind hauptsächlich durch einen zentralen Knotenpunkt verknüpft. Das Mysteriöse, die anmutige Aura, lässt auf mehr hoffen, als die Welt tatsächlich bieten kann.
Halluzinogene Pilze & geforene Gehirne
Das zentrale Spielelement, die Bosse, ist unglaublich gut gelungen; im Art Design, sowie in den Mechaniken. Nur wenige Bosse weisen stilistische Gemeinsamkeiten auf und zeichnen sich durch ihre komplett unterschiedlichen Taktiken aus. Der Schwachpunkt der Bosse ist pinkfarben signalisiert, aber nicht immer gleich ersichtlich. Ist die markierte Stelle sofort erkennbar, erweist sich das Treffen oft kniffliger als erwartet. Zum Beispiel bei einer Laser spuckenden Maske, deren komplette Rückseite verwundbar ist, aber den Spieler in seinem Bewegungsmuster konstant anschaut und sich nicht umrunden lässt.
Bei vielen Bossen gilt es deshalb, zuerst die richtige Taktik zu finden und einige Tode zu sterben, bevor überhaupt ein eigener Pfeil abgefeuert wird. Die Kämpfe sind fordernd, aber fair. Tode geschehen durch eigene Fehler und durch die nahen Speicherpunkte entsteht ein schneller Rhythmus, der wenig Raum für Frustration lässt. Mit jedem Versuch werden die Bewegungsabläufe der Bosse besser verstanden und das zeitlich korrekte Agieren geht ins motorische Gedächtnis über. Meist entscheidet ein kleines Zeitfenster über Sieg oder Niederlage, indem der perfekte Schuss abgefeuert werden muss. Gelingt er, ist die Freude umso grösser.
Zu wenig
Titan Souls bietet insgesamt 19 Bosse. Dies klingt auf dem Papier akzeptabel, aber da jeder Boss in ein bis zwei Schüssen erledigt ist, kann die effektive Spielzeit stark variieren – von zwei bis vier Stunden. Zwar werden nach dem Beenden drei neue Modi freigeschaltet, zwei davon wirken jedoch eher als Gimmick: Iron Mode, Tod führt zum Zurücksetzen des Spielstandes und No Rolls, der Charakter kann keine Rollen mehr ausführen. Der Hard Mode liefert alle Bosse in einer schwierigeren Variante mit zusätzlichen Angriffen und komplexeren Bewegungsmustern.
Geschichte ist keine Vorhanden. Zwar sind in der gesamten Welt kryptische Zeichen vorhanden, diese – und die Namen der Bosse – lassen sich aber erst nach dem Besiegen sämtlicher Bosse entziffern und sind somit erst im zweiten Durchgang leserlich.
Fazit
Titan Souls macht eine Menge Spass, aber für momentan knapp 15.- Euro ist es ein zu kurzes Vergnügen. Mehr Bosse, mehr Rätsel und allgemein mehr Interaktion mit der Spielwelt hätten dem Spiel gut getan. Vom Balancing her ist das Spiel gelungen, stets fordernd, manchmal richtig schwer, aber immer fair.
Der Hard Mode ist eine nette Dreingabe für besonders Angefressene und Speedrunner, aber bietet restlichen Spielern aufgrund des vorherrschenden Minimalismus nur wenig Anreiz – es fehlt die Belohnung.
Durch das hohe Tempo und die konstante Action fühlt sich die in der Spielwelt verbrachte Zeit länger an, als in Wirklichkeit, aber wird dabei nie langweilig. Die Bosse weisen einen Einfallsreichtum und kreative Vielfalt auf, wie sie schon länger nicht mehr in Videospielen zu sehen war und können durchs Band weg überzeugen.
Titan Souls ist erhältlich auf Steam, GOG, Playstation 4 und Vita.
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