Angeschaut: Dyscourse
Es ist Zeit für eine Herausforderung! Mal schauen, ob ich dieses Review schreiben kann, ohne heimlich Lost zu erwähnen. Wenn ich es schaffe, erwarte ich 4’815’162’342 Likes für diesen Artikel.
Trümmer und Semantik
Die Essenz des Spiels ergibt sich aus der semantischen Analyse des Titels Dyscourse. Das Präfix „Dys“ bezieht sich im Englischen auf etwas Negatives, „course“ bedeutet Kurs oder Ablauf, Discourse wäre dann eine Diskussion. Also kurz: Es geht ums Reden, es geht um Dinge, die schief gehen und um etwas, was vom Kurs abgekommen ist. Namentlich ein Flugzeug, welches auf einer Insel verunglückte und leider nur unsere Gruppe am Leben liess.
Was danach mit unseren Leitfiguren geschieht, ist völlig offen. Das Prinzip dieses Spiels ist dabei das Gleiche, wie bei den Spielbüchern der Achtziger Jahre. An Schlüsselpunkten trifft man eine Entscheidung, an welcher die Geschichte abzweigt. Die Anzahl der zu fällenden Beschlüsse ist dabei sehr gross und man hat beim ersten Durchspielen (was bei mir etwas mehr als eine Stunde dauerte) noch längstens nicht alles gesehen. Ausser den Pfad zu wählen, gibt es nicht viel zu tun. Wir mäandern in den kleinen Gebieten und verschieben gelegentlich Objekte.
Via Domus
Ja, Via Domus (Nachhauseweg) hätte hier als Titel super gepasst. Dorthin wollen nämlich alle; Rita, die Hauptfigur, der sarkastische Steve, der nerdige Garrett, der paranoide Teddy und das zerstrittene Ehepaar Jolene und George. Die stilisierte Pseudo 3D Comic-Grafik und die witzigen Dialoge geben diesen Akteuren einen frischen, sympathischen Charme. Allerdings sind deren Wortwechsel eher amüsant als scharfsinnig, da ich hier zu vielen Klischees begegne. Die locker-flockige Karibik-Musik lässt das Spiel leicht rüberkommen, auch wenn es oftmals um Leben und Tod geht. Dies macht es leicht bekömmlich, hindert mich aber auch daran, es wirklich ernst zu nehmen. Aber es will ja auch eine Karikatur sein, was absolut in Ordnung ist.
Im Gegensatz zu den Telltale-Adventures, formt hier jede einzelne Entscheidung die Geschichte komplett neu. Jede Partie ist anders, zeigt uns unterschiedliche Aspekte der Figuren oder neue Schauplätze. Die kniffligen Entscheidungen laden auch Aussenstehende zum mitgrübeln ein. Die Anspielungen an Lost, machen hier den Hauptteil der Geschichte aus. Eine Allusion wird hierbei aber zur Obsession und bringt mich zur Frage, ob der Mut zu Neuem fehlte. Das Wrack, die Luke und die deplatzierte Antenne sind nur einige der Entlehnungen. Trotzdem ist man motiviert, mehr über die Geschichte zu erfahren. Ob die Motivation für mehr als 2-3 Durchgänge reicht, stelle ich allerdings in Frage. Man tanzt hier Tango am Rand des Preis-Leistungsverhältnis.
Fazit
Dyscourse sei allen Genrefans empfohlen, die das Thema interessiert und was für Zwischendurch brauchen. Es ist ein angenehmer Gefährte; kurzweilig, aber mit einer gewissen, unterliegenden Dramatik durchzogen. Auch wurde er aus gefunden Teilen zusammengeschustert. Genauso wie Wilson von Castaway.
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