Fokus Schweiz Teil 5: Alice, die Glückliche
Alice Ruppert hat diesen Sommer erfolgreich ihren Bachelor als Game Designerin an der Zürcher Hochschule der Künste (ZHdK) abgeschlossen. Zusammen mit Martina Hugentobler, welche wir auch bereits im Rahmen von Fokus Schweiz vorgestellt haben, arbeitet sie nun bei N-Dream und programmiert Spiele für die AirConsole; eine virtuelle Konsole, welche Smartphones als Eingabegerät verwendet.
In einem sehr interessanten Gespräch habe ich Alice zur momentanen Situation für Game Designer in der Schweiz befragt und wie es ihr nach dem Abschluss des Studienganges Abschluss ergangen ist.
Wie schwer war es für dich eine Stelle zu finden?
Ich bin nicht ganz repräsentativ für diese Frage, weil bereits ein halbes Jahr zuvor hat mein aktueller Chef eine Stelle als Game Designer ausgeschrieben. Martina und ich haben uns unabhängig voneinander für diesen Job beworben und wurden beide an ein Gespräch eingeladen. Wir haben noch gewitzelt, dass er uns vielleicht beide nehmen wird. Er kam später an unsere Bachelor Präsentation und hatte anscheinend einen so guten Eindruck von uns, dass er uns beide gleich anstellte. Ich war viel nervöser als normalerweise an der Präsentation, weil ich wusste, dass es hier auch um meine Zukunft geht. Ein Job stand auf dem Spiel und ich musste nicht nur schulisch, sondern auch professionell brillieren.
Eineinhalb Wochen nach Abschluss des Bachelors haben wir gleich angefangen zu Arbeiten. Der Druck war hoch, da wir bis Anfangs September, dem Launch des Unternehmens, ein Spiel fertig stellen mussten. Der Stress war in den letzten Monaten also konstant hoch, aber ich bin momentan sehr glücklich mit meinem Job. Es gibt keine Jobs für Game Designer in der Schweiz, bei denen du kreative Freiheiten hast, keine Werbe- oder „Serious“-Games kreieren musst, eine Vollzeit Anstellung hast mit einem anständigen Lohn und in meinem Spezialfall auch noch die Kollegin vom Bachelor mitnehmen kannst.
Haben alle deiner Mitstudenten einen Job als Game Designer gefunden?
Nein bei weitem nicht. Zwei bis drei machen Teilzeit etwas im Game Bereich, zwei Arbeiten beim Birdly Projekt, einer arbeitet bei einem Fachgeschäft für Videospiele als Game Designer und viele andere sind mit ihren eigenen Spielen beschäftigt. Einzelne von denen sind bei Call for Projects dabei und haben Fördergelder von Pro Helvetia erhalten.
Werden pro Jahr mehr Game Designer ausgebildet, als wir hier Stellen haben?
Als es Stellen gibt definitiv, ja. Das soll nicht heissen, dass es zu viele Absolventen gibt, denn jeder der nicht fest angestellt wird arbeitet an eigenen Spielen weiter. So haben sich zum Beispiel sechs Leute aus meiner Klasse zu einem Kollektiv zusammen getan und in naher Zukunft wird es vielleicht dadurch ein bis zwei Arbeitsplätze mehr geben. Die Szene wächst von alleine und es ist nicht so, dass die ZHdK Game Designer en masse ausbildet, welche danach keine Stelle finden können.
Wie sieht die Situation im Ausland aus?
Wir hören immer wieder von ein paar einzelnen Erfolgsgeschichten wie zum Beispiel Daniel Lutz, der mit seiner Bachelor Arbeit die Leute von EA so beeindruckt hat, dass sie ihn nach Kanada geholt haben und ihm eine eigene Abteilung gegeben haben. Unter anderem hat er an Hitman GO und Lara Croft GO bei Square Enix mitgearbeitet.
Es gibt nicht viele, denen es ähnlich ergeht, aber die meisten versuchen es auch gar nicht erst. Grosse Firmen bekommen sehr viele Bewerbungen aus aller Welt und viele haben gar nicht erst das Bedürfnis, ins Ausland zu gehen. Mir persönlich ist es immer so ergangen, dass ich einerseits gerne hier in der Schweiz lebe und andererseits es eine mega spannende Zeit ist, um Game Developer in der Schweiz zu sein, weil du jetzt, auch in den letzten paar Jahren schon, hilfst die Industrie zu Formen.
Im Gegensatz zu zu anderen Ländern gibt es keine alteingesessenen Garden von Game Developer und dadurch haben wir unter anderem keine Probleme mit der Vielfalt. Der Fortschritt geschieht langsam, aber es kommt immer mehr. Kleinere und grössere Festivals, bei denen Gaming mehr Einfluss und eine grössere Rolle spielt, entstehen, wie zum Beispiel die Swiss Toy, das Fantoche, die Fantasy Basel, das GameZ Festival oder die Ludicious. Dies bezieht sich sowohl auf das Publikum, wie auch auf das Game Design. Ich will dies nicht verpassen und aktiv die Kultur mitgestalten. In einer anderen Game Industrie würde ich nicht arbeiten wollen, dafür ist es hier zu interessant.
Auf Alices Homepage kann man sich ihre sämtlichen bisherigen Projekte ansehen und sogar kostenlos herunterladen.
Disclaimer: Alice unterstützt indiegames.ch via Patreon, was jedoch keinen Einfluss auf das Interview hatte. Titelfoto von Regula Bearth, ©ZhdK
2 Comments
Danke für den Einblick. Ich nehme an, dass viele Absolventen in der IT (nicht Game Entwicklung) landen werden.
@Olivier Das trifft tatsächlich eher selten zu. An der ZHdK lernen wir zwar Programmierung für Games, haben deshalb aber noch längst keine Ausbildung zum Software-Entwickler. Es gibt schon Leute, die nach Abschluss des Game Design Studiengangs in der IT arbeiten, aber wenn, dann sind das diejenigen, die schon vor Studienbeginn eine Ausbildung im IT-Bereich gemacht haben – kommt vor, ist aber bei weitem nicht die Norm.
Was eher vorkommt ist, dass Game Design Absolventen – je nach persönlichem Skillset – im designerischen Bereich tätig werden (Grafik Design / Web / etc).
Die meisten bleiben allerdings mindestens teilzeit bei den Games ;)