Kathy Rain – Point’n’Click ohne Frust
Als Kind war ich ein grosser Anhänger von Point’n’Click Abenteuern. Neben Klassikern wie Maniac Mansion hatte Pink Panthers gefährliche Mission einen ganz besonderen Platz in meinem Herzen. Ich hatte es so oft gespielt, dass ich sämtliche Rätsel auswendig kannte und durch Überspringen der Dialoge das Spiel quasi als Speedrun beenden konnte. Auch heute mag ich das Genre noch, muss aber eingestehen, dass ich mich die Oldschool Pixelgrafik-Ableger selten ansprechen – aufgrund der Grafik. Kathy Rain gehört genau in diese Kategorie, doch was bewegte mich dazu, dieses Spiel auszuwählen?
Allem voran war es dieser Trailer, welche es vermochte mein Interesse zu wecken. Die rebellische Kathy in Kombination der 90er Jahre und der erzeugten melancholischen Stimmung durch ihren Monolog, untermalt mit sehnsüchtigen Gitarrenklängen, liessen mein Herz höher schlagen.
Beim Start des Spieles wurde mir wieder bewusst, dass in grafischer Hinsicht hier keine Bäume ausgerissen werden würden. Mein, durch liebevoll gezeichnete Adventures von beispielsweise Daedalic, verwöhntes Auge schrie für einen kurzen Augenblick auf. Die Hintergründe sind zwar detailreich gestaltet, die Charaktere stechen aber markant heraus durch ihre geringere Auflösung und einige Animationen wirken ungewollt witzig.
Ein sehr grosser Frustpunkt bei Point’n’Click Adventures sind oftmals die Rätsel. Gott sei Dank legt Kathy Rain seinen Fokus auf die Geschichte und sämtliche vorkommenden Rätsel sind logisch und geschickt eingewoben. Sie dienen dazu die Geschichte voran zu treiben und bestehen meistens aus einer Aufgabe – nicht das gewohnte spreche mit A, gehe zu B, erlange Gegenstand X von Person C, damit…ich glaube ihr wisst worauf ich hinaus will. Alles ist geerdet und wer sich lösen kann vom typischen „Spieledenken“ zu „Was würde ich tun?“, der wird keine Probleme mit den Rätseln haben.
Die Ausgangssituation ähnelt jener von Life is Strange: Kathy kommt nach vielen Jahren Abwesenheit zurück in ihre Heimatstadt aufgrund des Todes ihres Grossvaters. Von ihrer Grossmutter erfährt sie, dass jener in seinen letzten Lebensjahre katatonisch vor sich hinvegetierte und nicht mehr ansprechbar war. Die Ärzte konnten keine medizinische Ursache für diesen Zustand finden und als Kathy von einem merkwürdigen Ereignis erfährt, geht sie der Spur nach und wird immer tiefer in düstere Angelegenheiten verwickelt.
An Originalität mag die Geschichte keinen Preis gewinnen, aber die Ausführung und das Verweben diverser Themen, insbesondere der Verarbeitung und Konfrontation der eignen Vergangenheit führten dazu, dass mich Kathy Rain in seinen fünf Stunden Spielzeit nicht mehr los liess und ich es an einem Stück beenden musste. Der Finale Abschnitt war absolut fantastisch und zu gerne würde ich euch davon erzählen, aber ich will euch ja nicht spoilern.
Wo wir gerade bei fantastisch sind, die Sprecher der Charaktere, insbesondere Kathy, sind alle durchs Band weg gelungen. Sie sind so gut, dass ich nach kurzer Zeit nicht mehr das Gefühl hatte, dass hier Pixel am reden sind, sondern dass dies echte Charaktere aus zum Beispiel einem Film oder einer Serie sind.
Fazit
Kathy Rain ist ein narrativ ausgelegtes Point’n’Click Abenteuer mit sinnvollen Rätseln, welche die Geschichte voran treiben. Seine erwachsene Geschichte behandelt Themen, welche eher selten in Videospielen vorkommen und liefert einen psychologischen wertvollen Gegenwert. Kathy lässt uns nach Beenden über das eigene Leben, Ereignisse in der Vergangenheit und zwischenmenschliche Beziehungen reflektieren.
Während die Details der eigentlichen Geschichte bereits langsam wieder verblast sind, sind es diese wichtigen Punkte, welche mich dazu bewegen Kathy Rain jedem Freund von narrativ ausgelegten Spielen ans Herz zu legen. Die eigene Fantasie wird die Pixelästhetik beflügeln und der Welt von Kathy Leben einhauchen.
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