Wie kontaktiere ich als Entwickler die Presse?
Zum eigenen Erstaunen erfuhr ich vor einiger Zeit, dass an einem beliebten Game Design Studiengang in der Schweiz das Thema Umgang mit der Presse nicht berücksichtigt wird und dies zu einer Zeit, in der die Konkurrenz immer grösser wird und das tatsächliche Entwickeln des Spieles einen immer kleineren Anteil annimmt.
Gerade in der Spiele-Branche ist der Traum von Selbständigkeit und Selbstverwirklichung gross und nicht jeder wechselt in eine grosse Firma, die weiss wie der Hase läuft. Nach über einem Jahr als Spielejournalist, unzähligen Pressemitteilungen und Anfragen, hier meine Tipps für den angehenden Entwickler von heute:
Zielpublikum ansprechen
Bevor es überhaupt darum geht Kontakt aufzunehmen, müssen die richtigen Medien dafür gefunden werden. Ich beziehe mich in diesem Artikel ausschliesslich auf online Medien. Klar, wer die Zeit hat schreibt einfach mal sämtliche existenten Websites an, die auch nur im entferntesten irgendwas mit Games zu tun haben. Dies kostet nicht nur sehr sehr viel Zeit, sondern hat auch eine niedrige Erfolgsquote. Die Jungs von Pocket Gamer werden wohl kaum einen Bericht über euer neues Spiel auf Steam schreiben.
Ich bekomme viele Mitteilungen zu iOS und Android Games, da wir diesen Bereich aber nicht abdecken, werden diese Nachrichten zu 99% ignoriert und es zeigt mir, dass sich der Absender nicht mit dem Inhalt unserer Seite auseinandergesetzt hat. Ausnahmen stellen Spiele mit dem Bezug zur Schweiz dar.
Kontakt aufbauen
So, mittlerweile haben wir uns eine Liste an Websites herausgesucht, bei denen immerhin ein Hauch einer Chance besteht auf Interesse zu stossen. Wie tragen wir nun die Kunde unseres neuen Spieles weiter? Ich möchte zuerst auflisten, wie man es nicht (alles schon vorgekommen) macht:
– Kommentar auf der Facebook Seite unter einem random Artikel
– Kommentar auf der Facebook Seite
– Nachricht an die Facebook Seite
– Nachricht an den Twitter Account
Die letzten zwei Punkte sind nur eine Option, wenn das entsprechende Medium dich bereits kennt und bei weitem nicht die zu bevorzugende Wahl. Die richtige Wahl: Email. Die entsprechenden Adressen lassen sich oft unter Impressum, About oder Contact Us finden. Bevor die Mail versendet wird, ist es von Vorteil, wenn der entsprechende Autor bereits von deinem Spiel gehört hat. Dazu folgst du der Website oder falls bekannt dem Autoren, wenige Tage zuvor auf Twitter. Zumindest ich schaue mir jeden neuen Follower kurz an und trudelt später eine Mail ein, kann ich gleich einen Bezug herstellen.
Der Inhalt
Eine namentliche Anrede sammelt schon mal Pluspunkte. Ich fühle mich direkt angesprochen. Der Betreff sollte den Namen des Spieles beinhalten und worum es geht (Neuerscheinung, Trailer, Kickstarter,…). Zum Inhalt gilt: Weniger ist mehr. Stell das Studio/deine Person kurz vor und danach dein Spiel in wenigen Sätzen in denen du beschreibst was besonders daran ist und warum ich es spielen sollte. Ausführlichere Texte und Beschreibungen solltest du dir für das presskit() von Rami Ismail aufheben und am Ende der Nachricht verlinken.
Zeige den Charme deines Spieles, indem du Bilder in die Nachricht einbaust und falls vorhanden einen Trailer. Das Mitschicken von Keys bei kostenpflichtigen Titeln ist momentan noch eine zwiespältige Sache. Eine ansprechende Lösung finde ich das erstellen eines gut sichtbaren Buttons mit der Aufschrift „Request a review copy“ und verlinkter Email Adresse. Eine Mitteilung, dass ihr euch über Previews/Reviews freuen würdet und für Interviews oder sonstige Anfragen offen seid, bildet ein gutes Schlusswort. Seid ihr demnächst an einer Messe anzutreffen, sollte dies auch erwähnt werden.
Der richtige Zeitpunkt
Übertreibe es nicht mit dem Senden von Pressemitteilungen und wundere dich nicht, wenn keine Antworten kommen. Schicke auf keinen Fall zu jedem kleinen Update eine Mitteilung raus und fragt bei Nichtbeachtung deiner letzten fünf Nachrichten in drei Tagen auch nicht nach, ob die Mails angekommen sind. Sie sind es.
Willst du möglichst viele Reviews zum Erscheinungstag, schick die Nachricht nicht erst zwei Tage vorher raus. Bei den grossen Websiten herrschen feste Redaktionspläne und die kleinen haben meist nicht die Zeit ein Spiel innert so kurzer Zeit zu reviewen. Eine Woche vorher ist für mich der perfekte Zeitraum, auch wenn die Spiele zu diesem Zeitpunkt oft noch nicht komplett fertiggestellt sind. Ich ziehe dies in Betrachtung und schaue bei Steam Veröffentlichungen am Erscheinungstag immer nochmals rein, ob sich irgendwas erheblich verändert hat. Dies zeigt mir auch, dass der Entwickler Selbstvertrauen in sein Spiel hat.
Bei Interesse schicke ich dir gerne ein paar Beispiele von in meinen Augen guten Pressemitteilungen. Du erreichst mich unter patrick@indiegames.ch. Auf Gamasutra befindet sich ein tiefgehenderer Artikel von Mike Ross zu dem Thema mit Verlinkung zu vier weiteren relevanten Beiträgen. Dieser Artikel stellt meine eigenen Ansichten und Erfahrungen dar und muss nicht für die gesamte Industrie gelten.
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