Angeschaut: Hotline Miami 2: Wrong Number
Überbordende Gewalt, treibende Beats, und Chaos zusammengeworfen zu einer psychedelischen Mischung, dafür steht Hotline Miami. Mit Spannung wurde der zweite Teil erwartet, doch kann er den hohen Erwartungen standhalten? Was wird erwartet von einer Fortsetzung?
Meine Gefühlslage zum Spiel ist ähnlich chaotisch, wie der erste Teil und ich versuche meine emotionalen Gedankengänge während des Spielens für euch ungefiltert aufzubereiten.
Der Anfang
Sieht aus wie Hotline Miami. Fühlt sich an wie Hotline Miami. Das Spiel kann nur grossartig werden! Was sofort auffällt: Es gibt keinen leichten Einstieg mit gradueller Erhöhung der Schwierigkeit. Hotline Miami 2 fängt da an, wo der erste Teil aufgehört hat: Bockschwer. Die Geschichte spielt vor, während und nach den Ereignissen des Vorgängers und anstatt eines Hauptcharakters, haben wir gleich ein Dutzend davon. Die Geschichte springt hin und her in zwischen Zeit und Personen in nicht geordneter Reihenfolge. Nichts macht einen Sinn.
Das Spiel ist zunächst genau das, was ich als Fortsetzung des genialen Erstling erwarte: Mehr. Mehr Geschichte, mehr Gewalt, mehr Level. Länger, grösser, härter. Mehr von etwas Gutem muss nicht immer positiv sein und zur Mitte hin beginne ich dies zu realisieren.
Die Mitte
Eine Veränderung macht sich bemerkbar. Die Level sind einiges grösser und dadurch befinden sich viel mehr Gegner in ihnen. Der Fokus hat sich stark zu den Waffen verschoben und Nahkampf ist selten eine Lösung. Das Chaos des ersten Teiles, welches Freiraum für Improvisation lies, ist fast gänzlich verschwunden. Anstatt den schmalen Gängen beherrschen weite, offene Areale das Level Design. Blindlings losrennen führt zum garantierten Tode – davon sterbe ich tausende.
Der Fluss des ersten Teiles ist nicht mehr vorhanden. Langsam taste ich mich vor, analysiere die Gegend, die Bewegungsmuster der Gegner und schalte einen nach dem anderen aus. Selten kommt Action auf, stattdessen handelt es sich hier mehr um einen taktischen Schleich-Shooter und die Levels wirken wie riesige Rätsel.
Das Ende
Die einzelnen Stränge der Geschichte fügen sich langsam zusammen und ergeben halbwegs Sinn, sofern ich überhaupt noch weiss, wer was wann erlebt hat. Die Schwierigkeit der Levels ist konstant hoch und stellenweise noch höher. Unvorhersehbare Tode fangen an mich zu frustrieren. Ich brauche mindestens zehn Anläufe pro Level, um überhaupt zu realisieren, wie die Gegner auf meine Aktionen reagieren.
Diese sind nicht immer logisch. Es kommt vor, dass durch meine Schüsse ein Gegner quer durch den gesamten Level zu mir rennt, aber Gegner im Raum nebenan keinen Wank machen. Dazu gesellen sich haufenweise Bugs: Auf der Stelle rotierende Gegner, Gegner die kurz in Türrahmen hängen bleiben oder Gegner, welche in einer Animationsschlaufe festhängen und nur durch Nahkampf erledigt werden können, was oftmals zum eigenen Tod führen kann.
Die Schwierigkeit besteht hauptsächlich darin, Bugs in das Verhalten der Gegner mit einzubeziehen und konstant Shift zu drücken, welche meine Sichtweite erweitert. Umso ärgerlicher ist es, wenn nur noch zwei Gegner übrig sind und durch eine unvorhersehbare Reaktion alles nochmals wiederholt werden muss. An diesem Punkt macht es keinen Spass mehr, ich will es einfach nur noch beenden.
Ohne zu spoilern, der Epilog entschädigt für alle Strapazen und ist eine Erfahrung, wie sie nur selten vorkommt. Aufgrund eines plötzlichen System Neustart (verdammtes Windows Update!) musste ich den Epilog erneut spielen und hatte die grösste Freude daran.
Fazit
Ich bin froh, haben wir hier keine Wertungsskala. Als Fortsetzung ist Hotline Miami 2: Wrong Number eindeutig schlechter und entfernt sich weit vom bisherigen Gameplay. Der starke Anfang fällt schnell ab und kann sich erst im letzten Drittel wieder einigermassen fangen. Als eigenständiges Spiel leidet es unter dem teilweise schlechten Level Design und den unzähligen Bugs. Lustigerweise sind die offenen Gebiete in den offiziellen Trailern und Bildern nicht ersichtlich. Ich empfehle dringendst, den vorherigen Teil gespielt zu haben, damit ihr einigermassen mit der Geschichte mitkommt und vom Schwierigkeitsgrad nicht gleich erschlagen werdet.
Wer jetzt skeptisch ist, weil ich den Soundtrack bisher nicht erwähnt habe: Keine Angst. Weniger treibend, dafür psychedelischer und mit einigen richtigen Knallern, steht der Soundtrack auf Augenhöhe des Vorgängers und umfasst insgesamt knapp dreieinhalb Stunden. Auch der Stil und die Ästhetik der 80er und frühen 90er konnten besser eingefangen werden durch VHS-Anleihen und allerlei Referenzen. Für die insgesamt 25 Level brauchte ich rund zehn Stunden; doppelt solange wie der Vorgänger.
Hotline Miami 2: Wrong Number ist erhältlich für PC auf Steam, GOG und im Humble Store.
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