Angeschaut: The Wolf Among Us
Es war einmal vor langer Zeit, im Jahre 2002, da ward ein Comic namens Fables geboren und sofort ein voller Erfolg. Die Ausgangslage war originell und spannend: Was wäre wenn Märchenfiguren in unserer Welt, genauer gesagt New York, wandeln würden und vor uns verborgen wären? Was wäre wenn sie, von ihrem Land vertrieben, irgendwo vom Zauberwald auf dem Weg zu uns, die Unschuld verloren hätten?
Diese Prämisse, in Form einer Vorgeschichte, aber mit den gleichen Figuren, wurde nun von Telltale Games im episodischen Format umgesetzt. Ähnlich wie bei der erfolgreichen Walking Dead Serie, spielt es sich als einfaches Adventure, welches zwar über einen Inventar verfügt, aber praktisch nie wirklich Kombinationsgabe erfordert. Hin und wieder, speziell am Ende, gibt es Kampfeinlagen, welche mit Reaktionstests gemeistert werden müssen. Diese sind besonders in der letzten Episode, von insgesamt fünf, sehr prominent.
Die Moral von der Geschichte
Man spielt The Wolf Among Us nicht wegen des Gameplays, sondern wegen der Story und die ist hervorragend. Der Krimi, der keine Vorkenntnisse der Vorlage erfordert, beginnt mit einem Mord der aufgeklärt werden muss. Dabei schlüpft man in die Rolle des Bigby (Big, bad Wolf). Und ja, es handelt sich dabei um denselben Bösewicht der früher die drei kleinen Schweinchen aus dem Haus gejagt hat. Aber das war in einem anderen Leben. Heute stellt er sich als Ordnungshüter den Verbrechern und wandelt dabei stets Zigaretten rauchend auf den Wegen moralischer Grautöne.
Dabei ist es genau diese Gratwanderung die das Spiel so interessant macht. Der rechte Pfad, sofern es diesen überhaupt gibt, ist nicht immer ersichtlich. Ist es in Ordnung einem Verbrecher Geld abzuknöpfen, wenn man es einem anderen, Bedürftigen, weitergibt? Wie hart darf man zuschlagen, um wichtige Infos zu bekommen?
Ich möchte einfach ein guter Mensch (oder genauer: Wolf) sein, aber die Situationen sind immer komplex. Ich bin in seiner Haut gefangen, gebrandmarkt als böser Isegrim. Am Ende jeder Episode werden die gefällten Entscheidungen aufgelistet und ich kann in einer Statistik sehen welche Wege die anderen Mitspieler gewählt haben. Klar, die Alternativen, die ich oft in sekundenschnelle auswählen muss, haben oft nur augenscheinlich Konsequenzen. Auch ist der Abschluss zwar nicht enttäuschend, greift dann aber, entgegen hoher Erwartungen, trotzdem ein paar Mal zu oft in die Klischeekiste.
Spieglein, Spieglein…
Im Kern geht es hier um die Illusion der Moral – oder des Fehlens derselbigen. Ich ertappe mich dabei die Wut rauszulassen, über die Strenge zu schlagen, nur um mich nachher über die eigenen Aktionen zu wundern. Ich zweifle dann an mir selbst und so ist im Kern dieses Märchens eine bittere Wahrheit verborgen. Aber es gibt immer Trost, oder in den Worten von Snow White: „You’re not as bad as everyone says you are“. Und wenn sie nicht gestorben sind,dann leben sie noch heute, irgendwie.
Eingesendet von: Steven Pianelli, Olten
Kleine Ankündigung: Steven wird in Zukunft öfters Reviews für indiegames.ch schreiben und bekommt deswegen bald seinen eigenen Account. =)
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