Games Week Berlin Tag 1: Anreise & Opening Summit
Anreise
Wo soll ich nur starten? Die ganze Reise nach Berlin zur Games Week war eine ziemlich spontane Sache und wurde erst am Dienstag vor einer Woche beschlossen. Ähnlich der Indie Entwickler, muss auch ich enorm aufs Geld achten. Zug? Zu teuer. Flugzeug? Günstiger, aber immer noch zu teuer. Was bleibt noch übrig? Fahrrad dauert zu lange. Der Bus sollte es sein.
Unterkunft die gleiche chose; ein schickes Hotel kommt nicht in Frage. Als begeisterter Couchsurfer fand ich auf den letzten Drücker, sprich zwei Stunden bevor ich das Haus verliess, jemanden der mich in Berlin beherbergt.
Nachtbus – lächelnde Menschen, die einen begrüssen, freie Sitzplätze soweit das Auge reicht und dadurch unbeschränkte Auswahl. Sitze, in die man sich richtig einkuscheln und so weit nach hinten lehnen kann, dass man praktisch liegt. Am Morgen wird selbstverständlich frischer Kaffee und Croissants an den Sitz geliefert. Sollte es eine Person wagen, den Sitzplatz neben einem zu belegen, muss sie mindestens schon einmal für Victoria’s Secret gelaufen sein.
Im Nachtbus nach Berlin. Meine romantisierten Vorstellungen wurden schnell zunichte gemacht, als ich am Montag Abend um 22 Uhr in Lörrach in den vollgepackten Bus stieg. Genau einen Sitzplatz hatte es noch übrig; im oberen Stockwerk in der hintersten Reihe eingequetscht zwischen zwei Personen, genauer gesagt einem älteren Herrn und einem Italiener. Über die Stunden, obwohl nur wenige Worte gewechselt wurden, entwickelte ich mit den Sitznachbarn durch den konstanten Körperkontakt eine gewisse Vertrautheit. Gemeinsam ertrugen wir die Strapazen der Busfahrt! Was auch immer unsere Hintergründe waren.
Schlaf war nur schwer möglich. Schaffte ich es mal komplett wegzudösen, wurde ich wenig später wieder durch das helle Licht und der Durchsage, an welcher Haltestelle wir uns gerade befinden, geweckt. Je öfter sich das Spiel wiederholte, desto leichter fiel es jedoch wieder einzuschlafen. Am Höhepunkt dieses Zykluses hiess es für mich: Aussteigen. In Hannover musste ich um 8 Uhr den Bus wechseln und eine Stunde auf den Anschluss nach Berlin warten. Und warten. Und warten. Da kommt er! Nein, selbe Gesellschaft, anderer Bus.
Er kam, zwar nur fünf Minuten später, aber Geduld war zu diesem Zeitpunkt keine mehr vorhanden. Nach sieben Tagen Regen erfreut man sich auch an einem grauen Tag. Ich wurde mit einem Lächeln begrüsst, konnte mich gleich in der dritten Reihe einnisten, hatte zwei Sitzplätze zur Verfügung und in den Reihen neben, hinter und vor mir befanden sich weibliche Wesen. Ausserdem roch es während der Fahrt kurz nach frischen Kaffee, als der Fahrer einen vom Fahrbegleiter machen liess. Viel besser besser ging es nicht mehr und so fand ich auch endlich ein bis zwei Stunden Schlaf, bevor der Bus um 12:30 Uhr in Berlin ZOB einfuhr.
Opening Summit
Wenig Nahrung, wenig Schlaf,14h Bus fahren. Erstaunlicherweise schien ich mit meiner Erscheinung die Leute nicht verängstigen. Ich war noch keine fünf Minuten in Berlin, da fragte mich bereits ein Holländisches Päärchen, welcher Turm das dort drüben ist und welcher Turm den goldenen Rand hätte. Zu meiner eigenen Überraschung konnte ich bestens Auskunft geben und leitete sie sogar auf die richtige U-Bahn Linie weiter. Good guy Patrick! Weiter im Text, das Kino International, in der Nähe des Alexanderplatzes, war mein Ziel. Um 14 Uhr sollte dort der Opening Summit beginnen.
Nicht nur die Stadt ist schön, auch das Benutzen des öffentlichen Verkehrs ist kinderleicht und bringt einen zu jedem beliebigen Punkt in Berlin. Ohne Irrfahrten kam ich pünktlich am Alexanderplatz an und fragte noch kurz eine Promoterin irgendeiner Marke nach dem Weg zum Kino International. Dort angekommen strahlten mir von überall her Banner der Games Week entgegen und auf der anderen Strassenseite war der Veranstaltungsort der Quo Vadis erkennbar. Drinnen liess ich kurz meine Akkreditierung scannen und schon bekam ich meinen Pressebatch sowie ein Armband für den Opening Summit, der invite only war. Klingt ganz gut, nicht? An dieser Stelle nimmt es euch sicher brennend wunder, welch opulenten Buffets, Geschenke und allerlei Glanz und Glimmer an so einer Veranstaltung geboten wird. Also hört gut – oder eher lest – aufmerksam weiter.
Nach dem Eingangsbereich ging es die Treppe hoch und im dortigen Flur waren allerlei Sponsoren vertreten. Es wurden Interviews geführt, Kameras wild hin und her geschwenkt, Blitzlichtgewitter und natürlich darf auch eine Bar mit freien Getränken nicht fehlen. Schliesslich war die Veranstaltung vier Stunden lang. Um fünf vor zwei war der riesige Kinosaal noch beinahe leer. Fünf Minuten später zwar noch nicht voll, aber gut gefüllt.
Was nun folgte war nicht nur meinem Übermüdeten Zustand zu trocken und zu langweilig. Nach rund drei Stunden waren nur noch wenige Nasen im Kino, grob gechätzt dreissig bis vierzig. Auch die Eiscreme Sandwiches in der Pause konnten die Leute nicht halten. Es fing an mit einer halbstündigen Präsentation über die verschiedenen Events und deren Organisatoren, welche im Laufe der Woche in Berlin stattfinden. Danach gab Guillaume de Fondaumière, CO-CEO von Quantic Dream, seinen Rücktritt ab September von der European Games Developer Federation bekannt. Es folgten Keynotes über die Wichtigkeit des Standortes Deutschland für die Spielebranche und allgemein fand viel Selbstbeweihräucherung statt. Im Mittelpunkt stand die Industrie.
Mit einer Farbänderung des Saales von grün zu blau wurde versucht der Veranstaltung mehr Abwechslung zu verleihen und fünf der insgesamt dreizehn Auszeichnungen des deutschen Computerspielpreises verliehen. Dies war sowas von unspektakulär, dass fast sämtliche Bedeutung dessen verloren ging. An der offiziellen Verleihung, welche später am Abend geplant war, war ich nicht zugegen und hoffe, dass dort mehr festive Stimmung aufkommen konnte. Einzig bei Studio Fizbin kam ein kurzer Jubelschrei aus dem Publikum, als sie den Best Innovation Award bekamen, waren aber auch die einzigen Nominierten in dieser Kategorie. Mich persönlich freute die Auszeichnung von This War of Mine als Best New International IP und die Auszeichnung für Best Game Design an The Last Tinker von Mimimi Productions.
Die zwei anschliessenden Panels glänzten zwar durch grosse Namen, aber nur mit Mühe konnte ich mich an die eigentlichen Themen New Dimensions of Global Entertainment Culture: Games for Everyone and Everywhere und New Realities of Core Gaming: Mobile, Competitive, Live, erinnern. Uns stehen goldene Zeiten bevor, Indies sind die Zukunft, die Popularität von Youtube sorgte für die hochkarätigen TV-Serien, welche wir heute haben und mehr ist dabei nicht hängen geblieben.
Eine Diskussion kam bei den Panels ganz selten auf und hatte ein Sprecher seine Worte abgeschlossen, antwortete die Leiterin des Gespräches immer wieder mit „mhm interesting“. Nach dem ersten Panel herrschte, kaum verwunderlich, Schweigen, als das Publikum Fragen hätte stellen können. Um diese peinliche Stille zu vermeiden, meldeten sich einige der Veranstalter nach dem zweiten Panel selber und bei der Frage, ob Fussballmannschaften wie zum Beispiel Bayern München eigene E-Sports Mannschaften gründen sollen, um damit die Branche an sich nach vorne zu treiben, kam zum ersten Mal eine rege Diskussion zu stande, obwohl die Moderatorin mittendrin das Gespräch aus Zeitgründen beenden wollte. Als bei der nachfolgenden Keynote der geplante Sprecher gar nicht erst im Saal war, verabschiedete auch ich mich vom Opening Summit.
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