Mother Russia Bleeds – Leider verblutet
Publisher Devolver Digital hat sein Portfolio um ein weiteres Spiel ergänzte. Wiederum handelt es sich dabei um ein ultrabrutales Spiel in Pixelgrafik mit treibendem elektronischem Soundtrack und jeder Menge Abartigkeit. Vergleiche zu Hotline Miami sind nicht unangebracht, denn Mother Russia Bleeds ähnelt jenem auf sehr vielen Ebenen bis auf einer: Es handelt sich um einen oldschool Brawler.
Eine langwierige Reise
Lange habe ich mit mir gehadert, wie ich das Review zu Mother Russia Bleeds verfassen soll. Die ersten Level waren eine Qual. Nachdem erfolgreichen absolvieren eines Levels legte ich das Spiel stets beiseite. Nach mehreren Tagen hatte ich erst 90 Minuten Spielzeit und war gerade mal im fünften Level angelangt. Es hatte sich wie eine Ewigkeit angefühlt. Erst der Fakt, dass das Internet ausfiel, liess es zu, dass ich mich länger mit Mother Russia Bleeds beschäftigte und es endlich beenden konnte.
Obwohl meine Präferenzen auf storylastigen Spielen liegt, stellte ich in den letzten Jahern auch eine merkwürdige Vorliebe für Brawler fest. Sei es die Shank-Serie oder das weitaus weniger gelungene Sacred Citadel, irgendwie bereitet mir das hirnlose Button-Smashing Spass. Warum also wollte Mother Russia Bleeds bei mir einfach nicht zünden?
Früher war alles besser?
Mein Hauptproblem liegt beim oldschool Flair. Früher war eben nicht alles besser, aber Mother Russia Bleeds hält sich dennoch strikt an alle alten Konventionen – im guten wie im schlechten. Allem voran die schreckliche Design Entscheidung, das Kampfsystem auf imaginäre horizontale Linien zu verlegen. Wir können unseren Charakter zwar in alle vier Himmelsrichtungen bewegen, aber befindet sich dieser nicht auf der selben Linie, respektive Ebene, wie der Gegner, schlägt dieser ins Leere. Dies führt viel zu oft dazu, dass anstatt einer Horde Gegner, die unschuldige Luft mit Tritten und Schlägen bearbeitet wird. Im 21. Jahrhundert macht dies einfach keinen Spass mehr und nicht zu unrecht, haben moderne Brawler sich von diesem System verabschiedet.
Ähnlich den früheren Zeiten ist auch der Schwierigkeitsgrad entsprechend hoch. Im normalen Modus brauchen Gegner eine enorme Anzahl an Schlägen, bis sie endlich gefechtslos sind. Der Wechsel in den leichten Schwierigkeitsgrad hingegen macht das Spiel fast zu einfach. Die Bosse der Levels stellen sich hingegen noch immer als fordernd heraus. Eine Lebensanzeige gibt es bei diesen nicht, einzig Veränderungen im Aussehen zeigen das momentane Wohlbefinden jener an. Wie es sich früher gehörte, sind die Bosse überproportional stark und müssen minutenlang bearbeitet werden, bis sie fallen. Trotz der meist unfairen Voraussetzungen stellen sie aber meist ein Highlight dar, da jeder Boss sich komplett anders verhält und die Taktik dementsprechend angepasst werden muss.
Ein weiterer grosser Kritikpunkt sind die Speicherpunkte. Wer mitten in einem Level das Spiel beendet, muss jeweils wieder komplett von vorne beginnen. Darauf wird nirgendwo hingewiesen und wer bei einem Boss-Kampf aufhört, darf beim erneuten Starten nochmals die zehn bis fünfzehn Minuten bis dort hin spielen. Auch die Speicherpunkte innerhalb der Level sind unzulänglich und befinden sich meiste vor einer Zwischensequenz. Gerade bei Bossen ist es keine wahre Freude nach dem Ableben immer wieder die gleichen Sequenzen zu erleben. Glücklicherweise lassen sich die Dialoge überspringen, animierte Szenen jedoch nicht.
Auf die Geschichte möchte ich hier gar nicht erst eingehen. Die Dialoge sind meist nervig und in keinster Weise packend. Wahrscheinlich wäre das Erlebnis besser gewesen, wenn diese nicht vorhanden gewesen wären. Es hätte dem Spiel eine rätselhafte Aura verliehen.
Bei aller Kritik…
Neben all der negativen Kritik hat das Spiel auch seine guten Seiten. Irgendwas musste mich ja dazu bewegt haben, dem Spiel eine Chance zu geben. Zunächst war diese das erfrischende Setting. Ein Russland am Rande des Umsturzes begegnet uns im Spielekosmos eher selten und ist in der heutigen Zeit wieder ein aktuelles Thema. Mother Russia Bleeds behandelt den Kommunismus aber nicht so tiefgreifend wie zum Beispiel das kürzlich erschienene The Tomorrow Children, sondern liefert mit dem blutenden Russland mehrheitlich die Hintergrundkulisse für eine Geschichte um Revolution. Genau so gut hätte das Spiel ohne irgendwelche Änderungen Mother Ukraine Bleeds heissen können, klingt halt einfach nicht so gut.
Die Pixelästethik der einzelnen Level ist hingegen eine wahre Augendweide und reicht vom ekligen Labor bis zum Sex-Club. Die Hintergründe sind jeweils vollgestopft mit Details, welchen im Eifer des Gefechts meist leider viel zu wenig Aufmerksamkeit geschenkt werden kann. Besonders eindrücklich war die sich im Umsturz befindliche Stadt. Die Revolution war nahezu greifbar.
Mother Russia Bleeds bietet insgesamt acht unterschiedliche Level, welche auf dem leichten Schwierigkeitsgrad innerhalb von fünfzehn Minuten absolviert werden können. Auf normal verdoppelt sich diese Zeit je nach Können. Richtig interessant wurden die Level erst ab dem vierten, als neben immer mehr Gegenständen auch Waffen regelmässig Einzug in unser Arsenal gehalten haben. Erstaunlicherweise war die Treffsicherheit mit diesen weitaus höher, als mit normalen Schlägen.
Fazit
Mother Russia Bleeds ist ein zweischneidiges Schwert. Es ist kein schlechtes Spiel, aber es hat nach heutigen Standards unbestreitbar einige Mängel. Liebhaber von oldschool Brawlern werden aber ohne Zweifel über diese hinweg sehen können, wenn nicht sogar begrüssen. Trotz meiner Zuneigung zu Brawlern war Mother Russia Bleeds nicht mein Spiel und einzig die grafisch ansprechenden Level und abwechslungsreichen Bosskämpfe haben mich, neben dem Internetausfall, zum Weiterspielen motiviert.
Den meisten Spass hatte ich tatsächlich, wenn ich Horden von Gegnern mittels Maschinengewehr niedermetzeln konnte oder als durch die Macht des Katanas die Luft erfüllt von fliegenden Köpfen war. Psychedelisch, brutal, abartig, ein klassischer Devolver Titel mit dem kleinen Abzug, dass wir es mit gehobenem Mittelmass zu tun haben und nicht der Genialität eines Hotline Miami.
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